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Fussabdruck am Bau

21.01.2021

Interview mit Energieberater Georg Thor

Jedes Haus, das gebaut wird, hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck. Wie dieser möglichst klein gehalten werden kann, erfährt man bei einem Beratungsgespräch der Energieberatung Salzburg.

Heidi Hundt wohnt seit knapp zwei Jahren in Neumarkt am Wallersee in einem Niedrigenergiehaus. Der moderne, zweigeschossige Holzriegelbau wurde mit Cellulose gedämmt. Das sorgt für ein ausgezeichnetes Raumklima: in der Wohnküche, die mit unbehandelten Weißtannen ausgekleidet wurde, ebenso wie im Schlafzimmer, das komplett aus Zirbe ist. Die Luftwärmepumpe reicht im gut gedämmten Haus zur Beheizung und Warmwasserbereitung und trägt zum kleinen Fußabdruck bei. Was aus ökologischer Sicht alles sinnvoll beim Bauen ist, fragen wir Georg Thor von der Energieberatung Salzburg, einer Kooperation der Salzburg AG mit der Salzburger Landesregierung.

lebens.linien am Foto: Heidi Hundt Oekologisch bauen

Kann man überhaupt ökologisch bauen?

Gesamtökologisch betrachtet, verursacht jedes zusätzliche Haus einen massiven Fußabdruck. Den kann man durch die „richtige“ Baustoffwahl niemals wegbringen, sondern nur möglichst klein halten, indem man Stärken und Schwächen der Materialien vergleicht.

Niedrigenergiehaus, Passivhaus: Wohin geht der Trend?

Ein Passivhaus benötigt in der Regel keine klassische Gebäudeheizung. In unseren Breiten ist Niedrigstenergiestandard das Optimum, weil wir es gewohnt sind, eine Wärmequelle im Haus zu haben, an der man sich rasch aufwärmen kann, wenn es draußen bitterkalt ist. Jedes Niedrigenergiehaus ist aber an eine lückenlose Dämmung und eine entsprechend klein dimensionierte Heizung gebunden.

Bei der Dämmung haben expandiertes Polystyrol (EPS) und Mineralwolle die größten Marktanteile. Gibt es da nicht ökologisch bessere Alternativen?

Bei allen Baustoffen muss man immer die so genannte „graue Energie“ einberechnen. Da geht es um den Herstellungs- und den Entsorgungsprozess. Dann schaut es für EPS-Platten gar nicht so schlecht aus, wie vielleicht angenommen, weil sie recycelt werden können. Steinwolle und Holzfaser schneiden teilweise schlechter ab.

Was ist mit Hanf, Zellulose, Holzfaser, Pappe, Kork, Schilf, Wiesengras, Stroh? Was macht Sinn und hält, was es verspricht?

Grundsätzlich sind alle Naturfasern positiv, weil sie nachwachsend sind und damit CO2-neutral. Man muss sich aber von Fall zu Fall anschauen, ob und welche Bindemittel und Zusatzstoffe enthalten sind, die bei der Entsorgung Probleme bereiten könnten. Ein Positivbeispiel ist Zellulose, die kann man bis zu drei Mal wiederverwenden.

Gibt es Situationen, in denen Dämmen aus ökologischer Sicht gar keinen Vorteil bringt?

In einem ungedämmten Altbau ist es ökologisch und energetisch auf jeden Fall von Vorteil, eine gute Wärmedämmung anzubringen. Die Maßnahme rechnet sich aus ökologischer Sicht bei richtiger Materialwahl innerhalb der ersten Heizperiode. Das heißt: Die Energiemenge, welche ich beim Heizen einspare, übersteigt bereits im ersten Jahr jene, welche bei der Herstellung des Dämmmaterials eingesetzt wurde.

lebens.linien Georg Thor Energieberater Land Salzburg

Was ist bei Fenstern aus ökologischer Sicht wichtig?

Dreifachverglasung ist heute Standard. Die ist so gut, dass der wirkliche Schwachpunkt beim Fenster jeweils der Rahmen ist. Den kann man in Holz, Holz-Alu und Kunststoff haben. Aus ökologischer Sicht ist Holz als nachwachsendes Material grundsätzlich die beste Variante, weil in Kunststoff und vor allem in Aluminium viel „graue Energie“ steckt. Negativ ins Gewicht fällt bei Holz allerdings die Wartung, weil es alle paar Jahre geschliffen und gestrichen werden muss. Und grundsätzlich ist immer die Größe der Fenster zu überlegen, weil selbst die besten Fenster natürlich noch immer schlechter dämmen als ein moderner Wandaufbau.

Auf jeder Baustoffmesse gibt es immer neue Produkte. Wo kann ich mich objektiv über die ökologischen Vor- und Nachteile informieren?

Es gibt seit Jahren einen Ökoindex, in den sämtliche Baustoffe mit ihren ökologischen Komponenten aufgenommen werden. Darauf greifen alle unsere Beratungsprogramme zu. Am besten wendet man sich an einen unserer Energieberater. Wer einen Energieausweis hat, kann außerdem alle seine Sanierungsmaßnahmen gegenrechnen und dann entscheiden, was sinnvoll ist.