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Flexibel Richtung Zukunft

09.11.2020

Frauen- und Männerrollen definieren sich neu.

Ob jemand als Mann oder Frau geboren wird, hat für die persönliche Entwicklung immer weniger Bedeutung. Die starren Rollenmuster werden abgebaut. Pluralismus ist gefragt. Wir trafen die Personalberaterin Monika Pleschinger, die Unternehmerin Hermine Meissl und den Opernsänger Manuel Millonigg zum Gespräch.

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"Führen soll jemand mit den besten Voraussetzungen, egal ob Mann oder Frau. Ich möchte auch keine Quotenfrau sein." - Hermine Meissl

Mit ihren individuell gefertigten Großschirmen, Schirmbars und Windschutzlösungen sind Meissl Open-Air Solutions Weltmarktführer. Erfolgreich geleitet wird das Unternehmen in zweiter Generation von Hermine Meissl. Von 35 Mitarbeitern ist das Unternehmen in knapp zehn Jahren auf über 50 angewachsen.

Hermine Meissl hatte als zweifache Mutter zu tun, die klassischen Männerstrukturen aufzubrechen: „Es war nicht einfach, den technik- und männerdominierten Betrieb zu übernehmen. Mit Hilfe von WIFI-Kursen, Teambuilding und Mitarbeiter-Coachings gelang das aber zur Zufriedenheit aller. Die Mitarbeiter sind zu einem starken Team zusammengewachsen.“ 

Ein Drittel Frauen

Zukunftsforscher sprechen von Gender Shift: Gemeint ist damit das Aufbrechen der starren Frauen- und Männerrollen in Bezug auf Beruf, Haushalt und Kindererziehung. Diese sind in einigen Bereichen schon ins Wanken geraten. In Österreich ist nur jede dritte Führungsposition von einer Frau besetzt. Damit liegen wir noch unter dem EU-Schnitt von 34,7. Das ist weit hinter Lettland, der Nummer eins im Ranking von 2019 mit einer Quote von 45,8 Prozent.

Ist Österreich bei diesem Thema rückständig? Das fragen wir Monika Pleschinger, die seit 20 Jahren im Personalmanagement tätig ist: „Österreich ist generell anders sozialisiert als die nordeuropäischen Länder. Noch entscheiden sich hierzulande viele Frauen bewusst dafür, die erste Zeit mit den Kindern zu verbringen. Das ist natürlich okay, lässt sie aber in der Karriereentwicklung zurückfallen. Kritisch wird es dann, wenn eine Frau einen Job nicht machen kann, weil die Rahmenbedingungen nicht passen, weil es keine Kinderbetreuung oder keine Unterstützung vonseiten des Unternehmens gibt. Ich glaube, dass wir da noch viel lernen müssen. Führen in Teilzeit, warum nicht?“ 

Netzwerken gefragt

Einen weiteren Grund für die geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen sieht Hermine Meissl darin, dass Männer von Netzwerken und Verbindungen profitieren. Mit diesen helfen sie sich gegenseitig nach oben: „Frauen nutzen das zu selten, sind oft auch untereinander zu wenig solidarisch. Davon abgesehen soll jemand führen, der die besten Voraussetzungen dafür mitbringt, da ist es doch egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Wer möchte schon eine Quotenfrau sein – ich auf keinen Fall.“ 

BUNTE LEBENSLÄUFE


 

Wie ist die Situation generell auf dem Jobmarkt, fragen wir Monika Pleschinger: „Waren früher die Arbeitnehmer die Bittsteller, so sind es heute die Unternehmen, die händeringend nach qualifizierten Bewerbern Ausschau halten. Die Mitarbeiter fühlen sich nicht mehr so gebunden. Lebensläufe verändern sich total. Die jungen Menschen sind viel flexibler geworden, wollen nicht ewig beim selben Arbeitgeber bleiben. Lücken im Lebenslauf sind kein No-Go oder Hinderungsgrund mehr für eine Anstellung. Und es spielt auch nicht mehr die große Rolle, ob Mann oder Frau, ob jung oder alt. Schon alleine aus dem Grund, weil die Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr so gegeben ist wie früher.“

„Überhaupt ist es nicht mehr üblich, dass jemand in einem Betrieb lernt und dann dort bleibt“, bestätigt Hermine Meissl. „Wenn sich heute jemand bewirbt, der zuvor 30 Jahre bei ein- und demselben Betrieb beschäftigt war, fragt man sich eher, ob er überhaupt ins Team passen kann.“

Manuel Millonigg kennt als Sänger am Salzburger Landestheater die Situation der Daueranstellung ohnehin nicht: „Im kulturellen Bereich hat es die Langzeit-Anstellungen nie gegeben. Ich habe einen Einjahresvertrag, Solisten bekommen Ein- bis Zweijahresverträge. Aber dass man 20 Jahre bei einem Arbeitgeber bleiben kann, ist eine absolute Seltenheit.“ 

Zweiter Bass


 

Manuel Millonigg ist „zweiter Bass“ im Landestheaterchor, Gesangslehrer und Mentaltrainer. Er schätzt die Tatsache, dass er mehrere Jobs in seinem Leben unterbringen kann. Da ist einerseits die Fixanstellung am Theater, die ihn am Vormittag und am Abend beansprucht. Und da sind die Nachmittage. Diese kann er sich für die Kinderbetreuung seiner 19 Monate alten Tochter Charlotte oder für Gesangsunterricht frei einteilen.

Vom Landestheater bringt Manuel Millonigg auch in puncto Diversität einige Erfahrungen mit: „Herkunft, Hautfarbe und sexuelle Ausrichtung spielen dort überhaupt keine Rolle. Wir haben einfach alles. Im Chor sind gerade einmal zwei Österreicher, der Rest kommt aus aller Welt. Das bereichert das Ganze. Da könnten sich einige Unternehmen etwas abschauen.“

Partnerschaft und Kindererziehung sind für Manuel Millonigg gleich wichtig wie die Arbeit. Er und seine Frau sind beide berufstätig und führen den Haushalt gemeinsam. „Für mich war es klar, dass wir beide für unsere Tochter sorgen. Gerade auch, weil mich meine Mutter ab dem neunten Lebensjahr alleine aufgezogen hat.“ 

Flexibel bleiben



Flexible Arbeitsbedingungen sind für Monika Pleschinger das Um und Auf. Denn damit gehen sich Beruf und Elternpflichten nebeneinander aus. Ihr persönlich kommt zugute, dass sie ihre eigene Chefin ist. So kann sie in ihrer „One-Woman-Show“ Firmentermine, Lehrveranstaltungen und Zeit zuhause mit ihren Kindern so planen, dass nichts zu kurz kommt. Ihr Mann ist nämlich mit seiner Fixanstellung zeitlich gebunden.

Der Spagat, den viele andere zwischen zwei scheinbar getrennten Welten hinlegen müssen, liegt zu einem Großteil an den fehlenden Rahmenbedingungen in den Unternehmen. Work-Life-Blending ist das Schlagwort, unter dem nun Arbeitgeber und Arbeitnehmer versuchen, Privat- und Berufsleben zu „harmonisieren“.

Home- und Mobile-Office-Lösungen sind ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Durch den Corona-Lockdown haben einige Unternehmen die Vorteile kennen und auch schätzen gelernt und wollen die Möglichkeit in Zukunft ausweiten. Dann muss nur noch der Balanceakt zwischen flexiblen Arbeitszeiten und gesicherten Ruhe- und Familienzeiten für die Mitarbeiter gelingen – und wir können uns über neue und chancengleiche Arbeitswelten freuen. 

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Manuel Millonigg ist Chorsänger am Salzburger Landestheater und Gesangslehrer. Seit kurzem ist er außerdem als Mentaltrainer aktiv. Mit seiner Frau teilt er sich die Erziehung seiner fast zweijährigen Tochter. mentalstudio.at

Monika Pleschinger war unter anderem im Personalmanagement bei Red Bull tätig, bevor sie sich 2009 in ihrem Beruf selbständig machte. Seit 2009 ist sie außerdem Trainerin und Lektorin an den Fachhochschulen in Salzburg und Steyr sowie an der Universität Salzburg. mpleschinger.at

Hermine Meissl ist seit 2001 Geschäftsführerin der Meissl Open-Air Solutions in Pfarrwerfen. Sie ist in zweiter Generation mit Großschirmen, Schirmbars und Windschutzlösungen auf dem Weltmarkt erfolgreich. 50% der Aufträge gehen in den Export – in über 30 Länder auf drei Kontinenten. meissl.com